Abstract
<jats:p>Die vorliegende Untersuchung widmet sich der Analyse des Konzepts „neue Normalität“ sowie der Beschreibung seiner Frame-Struktur im alltagsbezogenen Gebrauch innerhalb des Diskurses in sozialen Netzwerken. Ausgehend von einem kognitiv-diskursiven Ansatz untersuchen wir die Bedeutungsverschiebung des Ausdrucks „neue Normalität” vom ursprünglich wirtschafts- und politikorientierten Begriff hin zu einem vielschichtigen sprachlichen Instrument zur Artikulation von Bewertungen, Ängsten und Ablehnung. Anhand von Kommentaren in sozialen Medien (Facebook, Telegram, LiveJournal) identifizieren wir Frames und thematische Gruppen, in deren Rahmen das Konzept aktualisiert wird: moralisch-wertbezogene Devaluation, kulturell-zivilisatorische Krise, ideologischer Druck, Normalisierung von Gewalt, Medialisierung von Tragödien sowie soziale Anpassung an post-COVID-Realitäten. Die durchgeführte Analyse zeigt, dass die „neue Normalität“ im Mediendiskurs als Marker normativer Transformationen und kognitiver Repräsentation von Krisenphänomenen fungiert. Das Konzept erfüllt die Funktionen eines ironischen Labels, eines Mittels der Stigmatisierung, der emotionalen Bewertung sowie der Artikulation von Identität und der Beschreibung des „Fremden“ unter Bedingungen globaler und lokaler Veränderungen.</jats:p>